Lexikon A-Z
☞ Aurora ☞ CME, ICME ☞ High-Speed-Stream (HSS) ☞ NOAA/SWPC ☞ UTC
Dieser Bereich ist gerade am entstehen. Fehler können enthalten sein. Ich versuche nach und nach Quellenangaben hinzuzufügen und die Texte kontinuierlich zu verbessern. Es kommen laufend neue Begriffe hinzu.
# Aurora
Die international und fachsprachlich gebräuchliche Bezeichnung für Polarlicht. Eine Unterscheidung zwischen Nordlicht (Aurora borealis) und Südlicht (Aurora australis) ist dabei unüblich und wird nur in seltenen Fällen benutzt, da die Aurorae (= Plural) immer synchron auftreten. Die Aurora-Zone liegt etwas polwärts vom Polarkreis – in Europa bei etwa 70°N – und bildet eine mehr oder weniger kreisförmige Struktur um den Globus – das Aurora-Oval. Auch bei geringer geomagnetischer Aktivität leuchtet sie, nur sehr schwach und sehr weit nördlich bzw. polwärts. Bei einem geomagnetischen Sturm scheint sie hell und bunt und wandert gen Äquator. Dieses Jahr hat es das Oval schon zwei Mal bis Mitteleuropa geschafft und die Aurora war im Zenit zu sehen, meistens jedoch ist sie nur subvisuell, d.h. nur mit den empfindlichen Sensoren einer Digitalkamera am nördlichen Horizont fotografisch zu beobachten.
# CME, ICME
Coronal Mass Ejection oder auf deutsch Koronaler Massenauswurf (KMA als Abkürzung ist m.W.n. ungebräuchlich). Riesige Plasmaansammlungen, die von der Sonne geschleudert werden und wenn sie die Erde als ICME (interplanetarer CME) erreichen für Polarlicht sorgen können. Die Begriff ICME wird nicht häufig benutzt, eher im akademischen Kontext und ich bin auch nur in diesem Artikel konsequent und schreibe i.d.R. von CMEs.
ICMEs sind für etwa 90% aller größeren geomagnetischen Stürme verantwortlich, ihre Zugbahn, ihre Entwicklung und die konkreten Auswirkungen eines Impacts zu berechnen ist schwierig und oft fehlerhaft, vor allem was den Eintreffzeitpunkt betrifft. Die Existenz von CMEs als eigenständiges Phänomen ist erst seit den späten Neunzigern des letzten Jahrhunderts wissenschaftlicher Konsens. Koronale Massenauswürfe gehören für viele zu den spannendsten Erscheinungen des Raumwetters. Im Englischen ist der Begriff „Solar Storm“ als umgangssprachliche Bezeichnung sehr beliebt. Die deutsche Übersetzung „Sonnensturm“ wird dafür eher selten benutzt und trägt auch eher zur Verwirrung bei, da Sturm und Storm nicht deckungsgleich in der Bedeutung sind und zudem eine Verwechslung mit dem geomagnetischen Sturm schnell passieren kann.
Einem schnellen ICME läuft eine Shockfront voraus, die energetische Partikel produziert, gefolgt vom turbulenten „Sheath“, der Hülle oder dem Mantel, meist ein Bereich mit hoher Plasmadichte und erst dann folgt die eigentliche ICME-Hauptmasse (engl. „Bulk“) mit nochmals einer Front. Ein CME besteht aus Plasma (geladenen Teilchen), energetischen Partikeln („Strahlungssturm“, „Solar Energetic Particles“/“Energetic Storm Particles“) und extrem lang gezogenen Magnetfeldlinien, die noch nach Tagen mit der Sonne verbunden sein können. Meistens sind diese ineinander verdrillt, dann spricht man von einem „Flux-Rope“, weil sie aussehen wie ein Seil wobei Flux für den magnetischen Fluss also die Größe des Magnetfelds steht (analog zum elektrischen Strom als Größe des elektrischen Feldes). Als Magnetic Cloud (magnetische Wolke) wird die gesamte Struktur bezeichnet, wenn sie einem wohlgeformten ICME entspricht (s.Abbildung oben). Innerhalb von Flux-Ropes ist die Plasmadichte und auch die Temperatur sehr gering relativ zur Umgebung, deshalb wird angenommen, dass der oft beobachtete dunklere Bereich zwischen Front und hellem Kern dem Flux-Rope entspricht. Geomagnetische Effekte wie Polarlicht oder induzierte Ströme in Überlandleitungen entstehen bei der Passage der Erde vor allem durch die Wechselwirkung der Magnetfelder (Kopplung oder Abstoßung je nach Polarität) und der relativ hohen Geschwindigkeit des Sonnenwindes als Treiber. Für die Entstehung eines geomagnetischen Sturms mit hell aufleuchtender Aurora spielt die Plasmadichte im Sonnenwind nur eine sehr untergeordnete Rolle – anders als von vielen Polarlichtbeobachter:innen angenommen.
ICMEs brauchen zwischen ein und fünf Tagen bis sie bei uns eintreffen. Langsamere sind kaum noch unterscheidbar vom Hintergrundsonnenwind und werden Teil davon. Extrem schnelle, energiereiche ICMEs können es auch unter 24h von der Sonne bis zur Erde schaffen. Das ist sehr selten, aber in so einem Fall können sie für erinnerungswürdige Ereignisse sorgen.
# High-Speed-Stream (HSS)
Schneller Sonnenwind, der aus sogenannten koronalen Löchern (keine echten Löcher – engl. Coronal Holes, kurz CH ) stammt formiert einen High-Speed-Stream. Die Definition von schnell ist dabei unterschiedlich: Die Grenze zu langsamen Sonnenwind liegt bei 400 km/s (manchmal wird 500 km/s oder so gar 600 km/s als untere Grenze genannt, wobei diese Einteilung willkürlich und nicht praxistauglich ist da nur zwischen schnellem oder langsamen Sonnenwind unterschieden wird. 400km/s die definierte Obergrenze von langsamen Sonnenwind, folgerichtig muss alles was darüber hinausgeht als schnell gelten. Ein weiterer charakteristischer Unterschied ist die Plasmadichte: hoch im langsamen Sonnenwind., niedrig im schnellen. Im Maximum des ungefähren 11-Jahre-Sonnenzyklus ist ein High-Speed-Stream selten schneller als 550 km/s, in der abnehmenden Phase des Sonnenzyklus auch mal über 800 km/s schnell, und zwar dann, wenn die koronalen Löcher am Sonnenäquator an Größe und Anzahl deutlich zunehmen. Im solaren Minimum gibt es ausschließlich langsamen Sonnenwind da sich nur an den Polen der Sonne riesige koronale Löcher befinden, deren schneller Sonnenwind uns nicht erreicht (im Minimum hat die Sonne zwei magnetische Pole wie die Erde, im Maximum eine Vielzahl. Bereiche unterschiedlicher Polarität liegen eng beieinander, koronale Löcher (aus denen die „offenen“ Magnetfeldlinien treten) sind klein und variieren in der Größe stark, sodass sich kaum ein stabiler schneller Sonnenwind etablieren kann.
High-Speed-Streams und insbesondere die eingelagerten SIRs (Stream Interaction Regions) bzw. CIRs (Corotating Interaction Regions) sind für etwa 10% aller größeren geomagnetischen Stürme verantwortlich – besonders in der abnehmenden Phase des Sonnenzyklus.
Sie können dann gut vorhersagbar über mehrere Monate hinweg immer wieder alle 27,5 Tage kräftige geomagnetische Stürme auslösen, die tagelang andauern können, wenn sie einmal um die Sonne rotiert sind und wieder in der geoeffektiven Zone ankommen. Die Aurora-Fans freuen sich, weil sie so sogar ihren Tromsø-Urlaub Wochen oder Monate vorher planen können. Satelliten- und Stromnetzbetreibern treiben sie dagegen Schweißperlen auf die Stirn, weil sie tagelang mit den andauernden Auswirkungen eines stark gestörten Magnetfeldes zu tun haben. Menschen und Dienste in nördlichen Breiten, die auf GPS angewiesen sind müssen ihre Aktivitäten auf die helle Tageszeit verlegen, weil dann am wenigsten Schwierigkeiten mit der zentimetergenauen Navigation auftreten.
Im interplanetaren Raum kann ein High-Speed-Stream langsame ICMEs beschleunigen, schnelle ICMEs abbremsen, sie verformen, wegschieben und anderweitig komplex mit ihnen interagieren. ICMES können in ihnen eingebettet und schwer zu erkennen sein, wenn sie unbemerkt und ohne auffälliges Aufleuchten (Röntgen- oder Radio-Flares) in der Nähe von koronalen Löchern entstehen und so für völlig überraschende starke geomagnetische Stürme sorgen.
Schneller Sonnenwind in der Nähe von ICMEs ist immer eine Herausforderung für die Vorhersage des Raumwetters.
Eine Stream Interaction Region mit verdichtetem Plasma und von ihr produzierte Schockwellen:
Die Begriffe CIR und SIR werden oft synonym benutzt, obwohl der Definition nach nur eine Stream Interaction Region, die mindestens ein zweites Mal die Sonne umrundet als Corotating Interaction Region bezeichnet wird. Treffen zwei oder mehr Interaction Regions aufeinander und verschmelzen haben wir dann eine Merged Interaction Region, MIR, und damit ist der Zoo komplett. Zu allem Überfluss wird im Alltag des Raumwetterbetriebs selten zwischen CIR, SIR, HSS und „schnellem Sonnenwind“ unterschieden, was aber in der Praxis auch nicht besonders schlimm ist.
# NOAA/SWPC
NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) ist der US-amerikanische staatliche Wetterdienst, der das altehrwürdige SWPC (Space Weather Prediction Center – ausgesprochen „Swippsie“) in Boulder, Colorado betreibt. SWPC gibt tägliche Raumwetterzusammenfassungen und Vorhersagen heraus. Sie benutzen das WSA-Enlil-Modell, das den Sonnenwind und die ICME-Ausbreitung berechnet. Außerdem gibt SWPC offizielle Warnungen für Strahlungsstürme („SEP-Events“), Radio Blackouts und geomagnetische Stürme heraus und eine Vorhersage des Kp-Indexes für die nächsten drei Tage (die einzelnen Werte sollten nicht zu genau genommen werden und nur als ungefährer Anhaltspunkt dienen). SWPC ist weiterhin Betreiber des DSCOVR-Satelliten, einiger GOES-Satelliten und Mitbetreiber des ACE-Satelliten und die weltweit zentrale Sammelstelle der Daten die unter „Real Time Solar Wind“ abrufbar sind. Für 2025 ist der Start des „Space Weather Follow On“ Satelliten geplant, der DSCOVR, ACE und SOHO/LASCO ersetzen soll.
Von SWPC stammt die G1-G5-Skala für geomagnetische Stürme, die auch hier auf der Seite oft benutzt wird:
- G1 MINOR STORM (Kp 5) Kleiner Sturm
Durchschnittliche Häufigkeit: 900 Tage pro 11-Jahres-Zyklus - G2 MODERATE STORM (Kp 6) Moderater Sturm
Durchschnittliche Häufigkeit: 360 Tage pro 11-Jahres-Zyklus - G3 STRONG STORM (Kp 7) Starker Sturm
Durchschnittliche Häufigkeit: 130 Tage pro 11-Jahres-Zyklus - G4 SEVERE STORM (Kp 8) Schwerer Sturm
Durchschnittliche Häufigkeit: 60 Tage pro 11-Jahres-Zyklus - G5 EXTREME STORM (Kp 9) Extremer Sturm
Durchschnittliche Häufigkeit: 4 Tage pro 11-Jahres-Zyklus
SWPC stellt sich vor in diesem youtube-Video: https://www.youtube.com/watch?v=SAVjKx69dIY
# UTC
Universal Time Coordinated – die allgemein gebräuchliche Uhrzeit für die Synchronisation von Maschinen (Computer z.B.), im Flugwesen, beim Militär, der Raumfahrt, dem Funkwesen und eben auch beim Raumwetter. Alle Prognosen werden in UTC ausgegeben, die Uhrzeiten auf Satellitenbildern oder grafischen Modellberechnungen sind immer UTC. Auch die tagesbezogenen Angaben bei NOAA/SWPC sind immer UTC, also Donnerstag G1 Minor Storm bezieht sich auf Donnerstag 0000 UTC bis Donnerstag 2359 UTC. Die Schreibweise ohne Trennzeichen zwischen Stunde und Minute ist üblich, manchmal wird die nicht offizielle Abkürzung UT benutzt (ist streng genommen eine andere Zeit), manchmal „Z“ (ausgesprochen „Zulu“), veraltet vor allem in Großbritannien auch manchmal noch GMT (Greenwich Mean Time). Wenn auf dieser Website keine Einheit nach der Uhrzeit steht, wurde es mglw. vergessen mit aufzuführen und es kann entweder UTC oder ME(S)Z sein.
UTC = MEZ -1 h
UTC = MESZ -2h
MEZ = UTC +1h
MESZ = UTC +2h
Die Verwendung von UTC ist nicht irgendwie versnoppt, sondern die beste Methode, Daten fehlerfrei und schnell zu übernehmen. Da der Unterschied zur Mitteleuropäischen Zeit nicht sehr groß ist, kann man sich in der Regel bei angekündigten Ereignissen die Umrechnung auch sparen, da solche errechneten Zeiten so gut wie nie auf die Stunde genau eintreffen.
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Siehe auch: