Aurora Nowcasting
Für Polarlichtfreund:innen in Mitteleuropa stellen sich oft die Fragen: Wo ist das Aurora-Oval gerade? Wie hell leuchtet die Aurora? Ist ein Substorm in Gange? Wann kommt der nächste Substorm? Ich will hier einige Werkzeuge und Methoden vorstellen, mit denen sich die Fragen schnell und zuverlässig beantworten lassen. Einige Grafiken sind farblich invertiert um bei der hier sonst dunklen Seite die Augen zu schonen.
Bodengestützte Magnetometer-Daten
Um festzustellen, ob in der Ionosphäre ein Strom fließt, wie stark er ist und in welche Richtung können wir uns die Änderung der horizontalen Komponente (Bx, By) bodengestützter Magnetometer anschauen. Wenn ein elektrisches Feld existiert, also ein Strom fließt, gibt es auch immer ein magnetisches. Wenn sich die Stärke eines magnetisches Felds ändert, fließt auch immer ein Strom. Somit können wir mit Magnetfeldmessungen die elektrische Aktivität über uns bestimmen und daraus ableiten wie stark und wo die Aurora leuchtet.
Norwegische Linie vom Tromsø Geophysical Observatory
Das norwegische Geophysikalische Observatorium in Tromsø stellt ein Tool zur Verfügung, mit dem man sich selbst seine Lieblings-Magnetometer in einem Stapeldiagramm zusammenstellen kann. Oben zu sehen eine Auswahl an Stationen der „norwegischen Linie“ von 69°N bis 59°N von der Tromsø bis Karmøy mit der horizontalen Komponente H, die den Stromfluss nach Osten oder Westen anzeigt. Mit der Z-Komponente (vertikale Komponente, zeigt zum oder weg vom Erdmittelpunkt) lässt sich die Nord- und Südgrenze des Ovals bestimmen aber nur sehr schwer bis gar nicht die Intensität.
Mit etwas Übung (z.B. bei gleichzeitiger Beobachtung einschlägiger Webcams) lässt sich anhand der Grafik sehr zuverlässig feststellen, wann und wo die Aurora leuchtet. Wenn die Station „RVK“ (Rørvik, 64°N) eine Abweichung von -200nT in einer halben Stunde aufweist, kann man im hohen Norden (54°N) mit ziemlicher Sicherheit mindestens fotografisches Polarlicht sehen. Wichtig: Die Skala ändert sich je nach Aktivität – oben rechts wird angezeigt wieviel 200nT sind.
Mit Klick auf das Bild öffnet sich die Seite, auf der die Grafik eingebettet ist. Mit der Maus über die Kürzel fahren zeigt die Namen der Stationen (geht nicht auf Touchscreens). Im „Realtime“ Modus lädt sich die Grafik alle 2 Minuten neu. Mit D, H, Z, I und F lassen sich die verschiedenen Komponenten umstellen (ich empfehle immer H auszuwählen), mit den grünen Buttons kann man komfortabel durch die vergangenen Tage klicken und so überprüfen, ob auf dem Foto, was man vorgestern gemacht hat wirklich Aurora zu sehen ist oder nur ein violett leuchtendes Gewächshaus. „To Menu“ bringt einen zur Übersichtsseite auf der man z.B. auch finnische Magnetometer, solche in Kanada, USA, Grönland oder Deutschland sehen kann.
Auf aurora.mtwetter.de gibt es Heatmap-Diagramme der norwegischen Linie, die habe ich etwas umgefärbt, damit man besser unterscheiden kann zwischen den 5 Zuständen neutral (orange), leicht positiv (magenta), stark positiv (blau, cyan), leicht negativ (gelbgrün, grün), stark negativ (grün/cyan/weiß/grau):
Am rechten Bildrand jeweils die Kürzel der Magnetometer-Stationen, links die geografische Breite von 56° bis 76° N. Sehr interessant auch die Tabelle am Ende der Seite, die zeigt, wie weit südlich das Oval sein muss, damit bei uns der untere Teil als grüner Bogen sichtbar ist. Ist 60°N die Südgrenze so ist der Bogen in Berlin (52,5°N) bspw. bereits 4,3° über dem Horizont. 60°N ist in etwa die Breite von Oslo, Stockholm, Helsinki und St. Petersburg.
Ableitung der Wahrscheinlichkeit der Sichtbarkeit aus Norwegischer Linie
Weiterhin gibt es auf aurora.mtwetter.de Diagramme, die die aus den Magnetometerdaten berechnete Wahrscheinlichkeit für Polarlicht-Sichtbarkeit anzeigen – mit Auto-Update Funktion. Im hier gezeigten Beispiel für 52,5°N und 10°E. Schon bei einer Wahrscheinlichkeit von knapp unter 20% fotografisch (subvisuell) konnte ich fotografisches (subvisuelles) Polarlicht am Nordhorizont ausmachen, manchmal ist aber auch bei 70% noch nichts zu sehen.
Oben im Beispiel-Bild zu sehen noch die Mondphase und mit grünen Lämpchen versehen die Verfügbarkeit der einzelnen Messstationen. Außerdem als Dreiecke am oberen Rand des Diagramms die Dämmerungsphasen und unten Mondauf- und Untergang. Die gleiche Grafik zusammen mit einer Prognose für Sichtbarkeit innerhalb der nächsten Stunde abgeleitet aus Messwerten des Sonnenwinds gibt es ebenso.
Rx-Index Norwegen & R-Index Finnland
Der R- oder RX-Index für einzelne Stationen gibt an, wie stark sich einzelne Komponenten des Erdmagnetfelds innerhalb einer bestimmten Zeitspanne ändern („R“ für „rate“ vermute ich). Beim Rx wird nur die x-Komponente, also hinzu oder weg vom geomagnetischen Nordpol, beim R-Index werden alle drei Ebenen des kartesischen Koordinatensystems Bx, By und Bz berücksichtigt. Rx ist etwas überempfindlich und eigentlich eher geeignet, GICs (geomagnetisch induzierte Ströme) vorherzusagen, aber mit etwas Übung lässt sich auch damit gut abschätzen, wie die Entwicklung des Ovals bezüglich Stärke und Position verläuft.
Für den finnischen R-Index gilt: Ab etwa 100nT ist am Standort die Aurora sichtbar. Sind Stationen in Südfinnland dabei, ist die Aurora auch bei uns zu sehen – umso südlicher und stärker umso wahrscheinlicher. Auf der Seite des Finnischen Meteorologischen Instituts sind auch Diagramme mit Zeitachse für die einzelnen Stationen verfügbar. Die Grafik mit ganz Skandinavien und der „Real-time ground disturbance“ (RX) stammt vom formidablen TGO Tromsø – site.uit.no/spaceweather, das jetzt auch Nowcast, +1h und +4h für den Brocken und für Hamburg anbietet mit Sternenkarte und allem Pipapo. Die oben eingezeichneten Längen- und Breitengrade zeigen geomagnetische Koordinaten mit den geomagnetischen Polen als Referenzpunkte. Der geomagnetische Nordpol befindet sich in der Nähe von Thule, Nordgrönland
Echtzeit: Bodengestützt – GNSS Satelliten-gestützt
Eine weitere sehr zuverlässige Methode, die genaue Lage und stärke des Polarlicht-Ovals zu bestimmen ist die Zuhilfenahme von Global Navigation Satellite Systems (GNSS) wie GPS (USA), GLONASS (Russland), Galileo (Europa) und Beidou (China). Dafür werden die Daten von Empfangsstationen am Boden ausgewertet, zusammengeführt und eine zweidimensionale Karte erstellt. Anhand der Abweichung bestimmter Parameter wird zunächst der Total Electron Content TEC der Ionosphäre abgeleitet. Aus der Änderung der Werte pro Gitterpunkt je Minute wird der Rate of TEC Index ROTI abgeleitet. Eigentlich ist ROTI vor allem für Nutzer von Funkdiensten gedacht, um Vorhersagen für Störungen beim Kurzwellen-, VHF-, UHF- und Satellitenempfang (insbesondere GNSS) treffen zu können. Ein praktischer Neben-Nutzen: Wir können die Lage der Aurora auf der Karte live verfolgen. Auf dieser Website in der Seitenleiste (Desktop: an der rechten Seite, Mobilgeräte: unter dem Artikel) ist das One minute mean ROTI, Europe vom IMPC Neustrelitz zu sehen, weitere ROTI-Datenprodukte sind One minute mean ROTI, Global, One minute maximum ROTI, Europe und One minute maximum ROTI, Global. Rote Gitterpunkte = hier ist die Aurora.
Globale Indizes (Boden-Magnetometer basiert)
PC-Index (Polar Cap Magnetic Index)
in Arbeit
AE-Index (Auroral Electrojet)
in Arbeit
Kp-Index (Planetare Kennziffer), Hpo/Hp30-Index
in Arbeit
DST-Index (Disturbance Storm Time)
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Kurzfristvorhersage aus Sonnenwind-Daten
Bz, Bs, V
in Arbeit
Hemispheric Power, Ovation Prime Model
in Arbeit
Boyle-Index, Cross Polar Cap Potential (CPCP/PCP/CPCPN/CPCPS)
in Arbeit
Newell Coupling
in Arbeit
AE-Index Vorhersage des IRF Schweden
Auch das schwedische Institutet för rymdfysik bietet Datenprodukte für Aurora-Chaser an, am hilfreichsten aus meiner Sicht die aus Sonnenwind-Daten abgeleitete Vorhersage für den AE-Index. Beim Echtzeit AE-Index vom WDC Kyoto ist 500nT die Schwelle für visuelles Polarlicht in der Aurorazone, bei dieser Prognose ist sie niedriger, meine ich. Die hier gewählte Darstellung der Nord-Süd-Komponente des interplanetaren Magnetfelds Bz (nicht zu verwechseln mit dem oben beschriebenen Bz-Wert des Erdmagnetfelds – etwas völlig anderes!) lässt sehr gut Tendenzen nach Norden oder Süden erkennen, besser als in herkömmlichen Diagrammen mit gleichfarbigen schmalen Linien.
Apps, WebApps
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Automatisierte Push-Services (via Telegram)
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Webcams
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